Donnerstag,
28. April 2005
Live: Phill Niblock (USA) & Thomas Ankersmit (D)
Phill Niblock ist vielleicht der minimalistischste der Exponenten
der Minimal Music, der unbekannteste auch, obwohl seine Forschungen
mit Klang und
Zeit, Zusammenwirken von akustischer und visueller Wahrnehmung, sein
Wirken radikaler erscheinen lassen als die Kompositionen von La Monte
Young
oder Steve Reich es wurde schon gesagt, neben ihm töne Terry
Riley wie Mike Oldfield.
Niblock nimmt langezogene Töne oder Akkorde, meist einzelner
Instrumente, welche er auf 24 Tracks zurückspielt, wobei er beim
Prozessieren eine Art
Trompe LOeil-Effekt erzielt, einen akustischen Schwebezustand,
in dem alles immer am gleichen Ort und immer in Bewegung scheint.
Eine ähnliche
Technik, wie er sie auf das Klangmaterial anwendet, verwendet er auch,
um die Bilder zu prozessieren, meist Filmaufnahmen, die er seit 1970
überall,
wo er auf seinen zahlreichen Reisen um die Welt ist, zum Thema «Movement
of People Working» macht.
Er ist seit deren Gründung 1968 an der Organisation Experimental
Intermedia beteiligt, einer soliden Plattform für intermediale
Künste mit Sitz in
New York, wo er oft auch seinen Loft für Auftritte zur Verfügung
stellt. Seit 1970 ist er Kurator für die Organisation, welche
mittlerweile auch ein
Haus im belgischen Gent betreibt, und ähnliche Projekte in Holland
und Portugal unterstützt.
Als Schlüsselerlebnis beschreibt Niblock eine Situation 1965,
als er mit einem 2-Takt Yamaha- Motorrad eine lange Passstrasse hinauffuhr,
und hinter
einem Diesel-Truck herfahren musste. Beide Fahrzeuge gaben recht Gas,
um den Höhenunterschied zu bewältigen, und bald kamen beide
Motoren der
jeweiligen Maschine zu fast synchroner Umdrehung. Aber nicht ganz.
Die körperliche Gegenwart der durch die mit leicht unterschiedlichen
Frequenzen drehenden Motore entstehenden Schläge habe ihn dermassen
in Trance
versetzt, dass er beinahe über den Strassenrand hinausgefahren
sei.
Auch der wesentlich jüngere, in Berlin ansässige Thomas
Ankersmit interessiert sich für dröhnende Klänge, und
wenn auch die Herangehensweise, diese
zu schaffen, eine völlig andere ist, seine Arbeit passt gut zu
derjenigen Niblocks, umso mehr, als er auch Installationen kreiert,
welche zur
intermedialen Kunst zu zählen sind.
Mit seinem Alto-Saxophon arbeitet er mit dem Raum, in dem er spielt,
mit dessen Akustik er spielt, sei dies nur durch ein Umplatzieren
des
Mikrophons, wodurch ein ganz anderer Raum entsteht. Dann kommen noch
die Electronics dazu, welche er einsetzt, die Klänge seines Instruments
zu
verfremden.
Er macht damit, was zum Beispiel Kevin Drumm mit der Gitarre gemacht
hat: Er befreit sein Horn davon, wie ein Alt-Sax tönen zu müssen,
er entlockt
ihm Klänge, indem er es behandelt, wie kein Alt-Sax behandelt
wird, ihm Klänge zu entlocken. Letztlich spielt es gar keine
Rolle mehr, mit welchem
Instrument er spielt, im Vordergrund steht der Klang, den er in einen
bestimmten Raum bringen will.
Neben zahlreichen Installationen für Museen und Galerien, und
Solo-Auftritten, ist auch die Liste der Leute lang, mit denen er schon
gearbeitet hat,
darunter Alvin Lucier, Kevin Drumm, Gert-Jan Prins, Borbetomagus,
Jim ORourke, Axel Dörner und viele andere, natürlich
auch Phill Niblock. |